Von Arequipa ging es weiter nach Cusco – in die Hauptstad der Inkas. Wie so oft mit einem Nachtbus – da erholt man sich wie in einem 5-Sterne Wellness-Resort! Ehrlich, die haben da Massagesessel, Schlafmützen und flauschige Decken. Unglaublich! Dennoch sind wir immer todmüde am Morgen der Ankunft, scho chly komisch.
Cusco ist eine eindrückliche Stadt mit so viel Geschichte und Kultur. Jedoch traurig zu sehen, wie viel Architektur der Inkas durch die spanischen Eroberer zerstört, geklaut und vernichtet wurde. Und krass zu erkennen, wie die europäische Kultur unter dem Vorwand des christlichen Glaubens altes und fortgeschrittenes Wissen innert kürzester Zeit einfach so ausradiert hat. Nicht, dass die Inkas die Vorzeigekultur schlechthin gewesen wären. Dennoch hatten sie eine faszinierende Art die Welt zu betrachten und die „Pachamama“ (Mutter Erde) spielte eine viel zentralere Rolle als wir es in Europa kennen. Sie konnten so viel aus den Sternen lesen, konnten präzise bauen und schienen eher im Einklang mit der Natur zu leben. Wer jedoch unter den Spaniern noch die Mutter Natur „anbetete“ wurde ge-4-teilt, Kinder wurden in Kirchen gesteckt und umerzogen und und und und. Wenn zwei unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen führt dies fast unweigerlich zu Spannungen. Dass jedoch so viel der Inka- und Prä-Inka-Kultur durch „uns“ Europäer zerstört wurde, liess uns dennoch sehr ernüchtert zurück. Vor allem, weil so viele Menschen hier den katholischen Glauben stark ausleben und die Vergangenheit quasi „vergessen“ ist. Irgendwie komisch.
Wir halten uns nicht all zu lange in Cusco auf, lassen diese Gedanken hinter uns und machen uns selber auf die Spuren der Inkas. Schliesslich streben wir nach Gold und tun alles dafür! Da der berühmte Inka-Trail schon Monate im Voraus ausgebucht ist, der Salkantay-Trek für uns zu touristisch ist und der Machu Picchu ebenfalls ausverkauft ist, beschliessen wir eine Alternative zu suchen. Diese finden wir! Choquequirao. Choquekikeriki – was? Tschokekirao heisst das Teil. Eine Inka-Ruine, 5x grösser als der Machu Picchu. Und mit 10-20 Besuchern pro Tag nicht so zertrampelt wie die heilige und weltberühmte Stätte der Inkas. Wie kann das sein, dass eine so riesige Inka-Anlage kaum Besucher hat? Me muess haut 2 Tag häreloufe, das wott haut nid jedä. Wir schon! Wir mieten Rucksäcke, Mätteli, schläfrige Säcke, ein schickes Gaskücheli, kaufen uns Essen und packen unsere Rucksäcke. Wir beschliessen uns in 7 Tagen von Capulyoc zu den Ruinen zu wandern und weiter bis zum Machu Picchu zu ziehen. Der Weg war steil, geil und mit Steinen drin. Der erste Tag war duch einen Abstieg von 1500 Höhenmetern gekennzeichnet. So lässig! Diesen Schwung nutzten wir sogleich, um den gegenüberliegenden Hang gleich wieder 1500 Höhenmeter hochzuschnellen. Oder eher hochzulangsamen. Die Sonne brannte uns aus, liess uns auf unserem Schweiss ausrutschen und schier verzweifeln. Glücklicherweise ritt eine Mutter mit ihrer Tochter auf ihren Maultieren hinter uns her und peitschte uns den Berg hoch! Oben angekommen, durften wir Bekanntschaft mit 3 Peruanern machen, die ebenfalls den schönen Weg und das Abenteuer auf sich genommen hatten. Müde und mit vollen Mägen legten wir uns voller Vorfreude auf die Ruinen in unser kuschliges Zelt. Am nächsten Tag war es dann so weit: wir erkundeten die eindrücklichen Inka-Ruinen! Ihr werdet es uns zwar nicht glauben, aber diese Inkas hatten wahrscheinlich Oberschenkel im Stile „Scheiche wie Eiche“. Die bauten ihre Terassen und Treppen so steil, da war es schon fast überhängend! Richtig eindrücklich! Wir durften einen halben Tag die Bauten bestaunen und unsere Schweissperlen als Opfergabe auf den präzise platzierten Steinen zurücklassen. Nach diesen Eindrücken und einer kleinen Opfergabe inkl. Zeremonie für Pachamama, zogen wir zu den Ruinen „Pinchaunuyoc“ weiter, wo wir unser Zelt aufschlugen. Bei diesen Ruinen durften wir eine noch intakte Bewässerungsanlage bestaunen und gönnten uns eine Inka-Dusche.
Gut erholt, zogen wir am nächsten Tag weiter. Da folgte ein weiteres Highlight. Gegenüber, auf dem Wanderweg, auf dem wir kürzlich über die Steine schlotterten, wanderte ein vom Aussterben bedrohter Anden-Bär (Brillenbär). Was für ein Glück dieses Prachtstier aus der Ferne (vilech besser so) zu bestaunen! In einer Dschungelbuch-Balu-Manier watschelte der Bär bzw. die Bärin gemütlich zum Fluss hinunter. Mit der aus dieser Situation gewonnenen Energie schossen wir förmlich den Berg hoch zum nächsten Zäutliplatz! Wir lieben es so unterwegs zu sein!
Bis hin zum Machu Picchu durften wir das authentische Leben der Berg-Peruaner kennenlernen, uns von leckerem lokalen Essen verwöhnen lassen, den Boden mit unendlichen Schätzen von Schweissperlen versehen, durch Grenadilla-Plantagen, Kaffee-Wälder und Avocado-Wälder wandern und Bekanntschaften mit vielen Peruanern machen. Wir durften so richtig in ihre Kultur eintauchen und genossen jede Bekanntschaft. In einem schnusigen Hotel inmitten von Kaffe-Pflanzen gönnten wir uns ein Frühstück (logisch mit Kafi) aus gebratenen Bananen und Guacamole – ein Gaumenschmaus! So schossen wir auch noch den letzten Berg hoch, kamen oben an und durften das erste Mal auf den Machu Picchu glüsseln. Wir sahen die Steinhäufchen aus der Ferne, sahen uns an und mussten laut loslachen. Für dieses kleine, und ja, eindeutig eindrückliche Steinhäufchen rennt die halbe Welt da hin? Mit den Eindrücken vom Choquequirao konnten wir das fast nicht glauben. Aber das ist natürlich Geschmackssache. Immer wieder fragten wir uns, geht man da hin, damit man da hin geht, weil es Weltkulturerbe ist und weil alle dahin gehen und man halt einfach dahin geht? In etwa so führten wir hochspannende Diskussionen. Als wir in Aguascalientes, dem Startpunkt zum Machu Picchu ankamen, wurden wir von Eindrücken nur so übermannt. Nach der langen Zeit in den menschenleeren Weiten dieser Region waren wir etwas überfordert. So hörten wir auf unser Bauchgefühl und waren höchstzufrieden von dem Erlebten und zeigten dem Machu Picchu die Schulter. Geits eiglech no?! Ja eiglech geits sehr guet, danke 😊
Wir durften auf dieser Wanderung so viele Eindrücke, Begegnungen und unvergessliche Momente sammeln, dass wir einfach so zufrieden waren wie es war. Und das ist ein wunderbares Gefühl! Mit diesem Gefühl reisten wir von Aguascalientes zurück nach Cusco – wir erwischten 3 Colectivos, die Reise lief wie geschmiert und wir kamen glücklich und zufrieden in Cusco an. Die Reise in die Welt der Inkas und der Peruaner hat sich mehr als gelohnt. Wir durften neue Freundschaften schliessen, konnten die Energie der Inkas spüren & erleben und durften die vielseitige Natur dieser Region bestaunen. Da hat sich jede einzelne Schweissperle gelohnt. Falls ihr die Gelegenheit habt diese Wanderung einmal unter eure Füsse zu nehmen, dann zögert nicht, ihr werdet reichlich beschenkt werden. Nicht nur mit Schweissperlen. Es ist schwierig zu beschreiben, welche Gefühle in einem explodieren – das muss man einfach selber erleben. Wer schon lange von einer solchen Reise träumt dem raten wir: mach’s eifach!
Con mucho sudor,
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